„Die Corona-Krise ist ein Dauerlauf“ – Virologe Professor Dr. Rupp im Interview

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HL-SPORTS: Berlin und Mecklenburg-Vorpommern wollen ausscheren und Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit geben, in Gruppen zu trainieren. Ist das nicht konträr zu dem was in anderen Bundesländern gelten soll?

Prof. Jan Rupp: In der Grundeinschätzung, dass man verschiedene Altersgruppen unterschiedlich behandelt, gibt es sicherlich gewisse wissenschaftliche Argumente. Und auch, dass man möglicherweise in Schleswig-Holstein anders handelt als in Bayern. Aber genau das wollte man ja jetzt vermeiden und da müsste man die fragen, die jetzt ausscheren. Meine Meinung ist, dass genau das keine Akzeptanz finden wird. Es führt einfach dazu, dass nun wieder einiges hinterfragt wird. Es ist schwer zu verstehen, warum ein Elfjähriger das machen darf – und der 13-jährige Bruder zuhause hocken soll, das ist sicherlich nicht einfacher zu kommunizieren. Und so scharf ist Biologie auch nicht, dass sie sagt, der 11-Jährige ist kein Risiko und der 13-Jährige schon. In der jetzigen Situation, in der man versucht, das Ganze in vier Wochen zu optimieren, würde ich einfach wenige Kompromisse zulassen, weil es sonst in vier Wochen heißt, wenn es nicht klappt: Was ist denn jetzt schon wieder schiefgelaufen? Und dann wird man sich fragen, warum es wieder Flickenteppiche gab. Die Idee war doch ursprünglich so, dass wir alle das Gleiche machen und dann sinkt die Akzeptanz für solche harten Maßnahmen.

HL-SPORTS: Können wir dieses Jahr noch davon ausgehen, dass wir Fußball und Handball oder andere Sportarten im Liga-Modus spielen können oder ist es hier besser, bis zum Frühjahr zu warten?

Prof. Jan Rupp: Wir sind am aufsteigenden Ast in den Zahlen und solange wir den Scheitel nicht erreicht haben, wird sich wohl niemand trauen, zu sagen, wir machen wieder auf. Das muss man ehrlich so sagen. Entscheidend wird die Vorlaufzeit zwischen „wir haben einen Eintrag von dem Virus in einer größeren Bevölkerungsgruppe“ und „wir haben dann aber ein bis zwei Wochen später vermehrte Patienten auf den Stationen der Krankenhäuser“ sein. Das ist maßgeblich dafür, wie das restliche Jahr verläuft. Wenn wir in etwa zwei Wochen deutlich mehr Intensivbetten belegt haben und auch die Normalstationen mehr belegt sind, wovon wir in den derzeitigen Berechnungen ausgehen, dann sind es noch vier Wochen bis Weihnachten und dann wird keiner mehr auf die Idee kommen zu sagen – und das sage ich ganz nüchtern, wobei ich das schade finde: Mannschaftssport hat so eine hohe Priorität. Wir befinden uns dann immer noch nicht in einer kontrollierbaren Situation. Man sollte sich vielleicht darauf einstellen, dass wir uns so ein bisschen in die Weihnachtsferien retten und bestenfalls können wir zum Januar einen Neustart machen. Es wird entscheidend sein, wie sich jetzt alle an die Maßnahmen halten. Jeder Einzelne entscheidet das.

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HL-SPORTS: Das Thema Schule ist immer wieder im Gespräch. Wird es wieder Homeschooling geben und Brandherde scheinen eher große Feiern zu sein. Wie ist das mit Zuschauern in den Sporthallen mit Masken oder in Stadien? Gibt es Erkenntnisse, dass es dort Ansteckungen gibt?

Prof. Jan Rupp: Die Erkenntnisse aus Stadien, wie das Spiel Atletico Madrid gegen Liverpool, war beispielweise ein Treiber in der Region. Da geht man davon aus, dass das Virus von Spanien nach England getragen wurde. Da hatte man aber nicht einmal einen halben Meter Abstand. Wie es jetzt praktiziert wurde, mit 5.000 oder 6.000 in großen Stadien, ist es kein Treiber von so einer Infektion. Aber wir hatten das eben schon, denn die Zu- und Abwege und das Drumherum sind die Probleme. Es bringt nichts, sich drei Stunden vernünftig zu verhalten und davor und danach bekommt man es schlecht hin, weil man zusammen in der Bahn oder dem Bus fährt. Das ist das, warum das Gesamtkonzept kritisch durchleuchtet wird. Es ist sicherlich auch ganz normal, dass man sich nicht immer regelgerecht verhalten kann. Salopp gesagt: der Spaß am Nachmittag und dann ist es eben schwierig danach. Bei den Schulen habe ich die Auffassung – und die Daten zeigen es mehr und mehr – natürlich werden auch Schüler positiv. Was die Daten nicht zeigen ist, dass die Zahlen durch Schulen in ganz großem Maße getrieben werden. Die Schüler werden positiv, weil Familienfeiern waren oder sie sich in einem größeren Umfang getroffen hat, die Eltern positiv waren und natürlich werden die Kinder dann auch positiv. Aber die Schulschließungen an sich, wenn man sich beispielweise im relativ ungeniert im häuslichen Umfeld treffen würde, hätten keinen großen Einfluss, als wenn man jetzt die Kontaktbeschränkungen macht. Kein Sport ist schon – und da brauchen die Kinder diesen Raum Schule auch einfach. Und dann ist es halt mal so, dass eine Klasse eine Woche in Quarantäne ist.

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Bildquellen

  • Professor Dr. Jan Rupp: Foto: UKSH
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